Tschüs Vorratsdatenspeicherung?

Tschüs Vorratsdatenspeicherung?

Mit seinem lange erwartetem Urteil zur Gültigkeit der Gesetze, die die Richtlinie 2006/24/EG über die Vorratsspeicherung von Daten in deutsches Recht umsetzen, hat das Bundesverfassungsgericht die zugehörigen deutschen Gesetze am heutigen Morgen für nichtig erklärt. Damit hat das Gericht die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland in ihrer jetzigen Form beendet – und das unverzüglich.

Es hat die Speicherung der Daten aber nicht grundsätzlich für nicht mit der Verfassung vereinbar erklärt, was viele Gegner der Regelung gehofft hatten, sondern vor allem höhere Hürden gefordert. Haben die fast 35.000 Kläger, zu denen ich auch gehöre, nur einen Etappensieg errungen?

Zuerst einmal ist es nicht Aufgabe des Gerichts, Politik zu machen, auch wenn ihm das von der Politik in letzter Zeit wiederholt vorgeworfen wurde, nachdem es mehrere Sicherheitsgesetze zurechtgestutzt hatte. Seine Aufgabe ist es, Recht zu sprechen, wobei es seiner bürgerrechtsfreundlichen Linie treu geblieben ist, kann dies aber nur auf Grundlage der Verfassung machen. Das Gericht kann keine Politik machen, es ist nicht seine Aufgabe. Die besteht darin, die Vereinbarkeit von Gesetzen mit der Verfassung zu prüfen. Es hat die Verfassung nicht gemacht, es kann sie nur in einem gewissen Rahmen auslegen und interpretieren. Die Verfassung schreibt Grundsätze fest, lässt dem Gesetzgeber aber natürlich Gestaltungsspielräume oder lagert Detailfragen in eigene Gesetze aus, die der Gesetzgeber selber ausgestalten kann. Wäre dies nicht der Fall, bräuchte man in vielen Bereichen keine Gesetzgebung mehr. Die Väter und Mütter der Verfassung wollten den zukünftigen Generationen ja nicht vorschreiben, wie sie zu leben haben und wie sie politisch handeln sollen, sie wollten ihnen ein starkes Fundament geben.

Es liegt also nun wieder in den Händen der Politik, mit dem Urteil umzugehen, und da haben sich ganz neue Aspekte ergeben, weshalb es so schnell keine neue Speicherung von Daten auf Vorrat in Deutschland geben wird, oder diese sogar komplett unter den Tisch fallen wird.

Auch wenn nach der Urteilsverkündung gleich so manche vorgebliche Innenexperten der CDU vorgeprescht sind, um eine schnelle Neuregelung zu fordern, wird sich die FDP nicht gleich selbst ins Knie schießen. Immerhin hatten aus den Reihen der Freidemokraten mehrere prominente Mitglieder, darunter die aktuelle Justizministerin, gegen die Speicherung geklagt. Aus den Reihen der CDU und der SPD will mittleriweile auch niemand mehr so richtig für das Gesetz verantwortlich sein, trotz der Forderungen nach schneller Neuregelung.

Wichtiger ist aber, dass auf Ebene der EU, von wo die Richtlinie kommt, ein Umdenken eingesetzt hat. Die neue Justizkommissarin Viviane Reding hat schon eine Woche vor der Urteilsverkündung angekündigt, die Richtlinie grundlegend zu prüfen. Länder wie Österreich und Schweden haben die Richtlinie überhaupt noch nicht umgesetzt, oder weigern sich, dies zu tun.