Die Brüsseler Beglückungsmaschinerie schlägt wieder zu

Die Brüsseler Beglückungsmaschinerie schlägt wieder zu

LKW MB SK 1735

Der gute alte 1735er musste das glücklicherweise nicht mehr erleben

Das Beglücken von Rauchern klappt ja noch nicht so, wie sich die EU das vorgestellt hat, und auch bei der Beglückung von Bauarbeitern, die man vor Sonnenstrahlen schützen wollte, musste man in Brüssel zurück rudern, ebenso wie beim herbeigeredetem Alkoholproblem. Aber so schnell gibt man ja nicht auf. Die EU hat, wie man bei der irischen Abstimmung über den Lissabon-Vertrag gesehen hat, einen langen Atem.

Kann man die einen nicht beglücken, dann lässt man seine unendliche Liebe eben einfach anderen zuteil werden, ob die nun wollen oder nicht. So verliebte man sich Mitte Juli 2003 in Brüssel in die LKW- und Busfahrer, deren Berufsstand man sich aufzuwerten vorgenommen hatte. Das Problem mit Liebesgrüßen aus Brüssel ist nur meist, dass Brüssel einen nie so liebt, wie man ist. Von der Therapie, die Brüssel einem angedeihen lässt, damit man all seine Liebe empfangen kann, profitieren meist alle anderen, nur nicht das Opfer.

So verhält es sich auch bei der Richtlinie 2003/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2003 über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güter- oder Personenkraftverkehr und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates und der Richtlinie 91/439/EWG des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 76/914/EWG des Rates, die in Deutschland als Gesetz über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güterkraft- oder Personenverkehr und als Verordnung zur Durchführung des Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetzes umgesetzt wurde. Ziel der Richtlinie, wie aus den Artikeln 3 und 4 hervorgeht, ist es, die Qualifikation der Kraftfahrer zu verbessern und sie auf neue Entwicklungen vorzubereiten, womit der Beruf durch die Weiterbildung aufgewertet werden soll. Nötig dafür sind fünf Wissensmodule zu je sieben Unterrichtsstunden von jeweils 60 Minuten Länge. Diese Qualifikation muss alle fünf Jahre erneuert werden und kann entweder an einem Stück oder aufgeteilt in die einzelnen Module erworben werden. Wichtig ist, dass bei der Verlängerung des Führerscheins ein Nachweis über die Qualifikation vorliegt.

Das hört sich alles erst mal nicht ganz so schlecht an. Da ich nebenbei ab und zu LKW fahre, hatte ich am vergangenen Samstag meine erste Weiterbildung. Über den Inhalt und die Art hatte ich allerdings keine Vorstellung. Ich musste es halt machen. Im Kurs war ich der jüngste Teilnehmer und wahrscheinlich auch der, dessen Prüfung zum Führerschein der Klasse CE am wenigsten weit zurücklag, nämlich im Jahr 2006.

Das behandelte Modul war das zum ECO-Training und behandelte die folgenden drei Themen:

  • Kenntnis der Eigenschaften der kinematischen Kette
  • Kenntnis der technischen Merkmale und Sicherheitsausstattung des Fahrzeugs
  • Fähigkeit zur Optimierung des Kraftstoffverbrauchs

Diesen schönen Worthülsen entsprang dann ein größtenteils banaler Inhalt, der zwar durch eine Präsentation mit tollen Diagrammen leicht aufgewertet wurde, der aber kaum Neues enthielt. Wer viel Gas gibt, wer unnötig überholt, wer nicht im passenden Drehzahlbereich fährt, usw., der verbraucht mehr Kraftstoff als nötig, ohne eine große Zeitersparnis zu haben. Ach, tatsächlich?? Und wer die kinematische Kette und die Wirkung der verschiedenen Kräfte nicht kennt oder vielleicht sogar gar nicht versteht, der sollte wohl eher nochmal zur Schule gehen, denn so etwas lernt man dort schon in der sechsten oder siebten Klasse. Das der Reifendruck eine große Rolle beim Verbrauch und beim Reifenverschleiß spielt war auch keine große Neuigkeit. Das moderne LKWs über Abstandsregler, Tempomaten und andere Komfort- und Sicherheitsfunktionen verfügen ist ebenfalls allen bekannt, die sich etwas mit dem Thema beschäftigen. Genügend Abstand zum Vorausfahrenden soll sogar Unfälle vermeiden können, wer hätte das gedacht?

Es ist nun nicht so, dass nur ich dies als altbekannt empfunden habe, weil meine Prüfung noch nicht so lange zurücklag. Die sehr große Mehrheit der Anwesenden machte zwar am Ende gute Miene zum bösen Spiel, aber man merkte deutlich wie jeder um seinen schönen Samstag trauerte, den er gerade geopfert hatte.

Nach dieser Weiterbildung „freue“ ich mich nun umso mehr auf die nächsten Kurse, in denen beispielsweise die folgenden Themen behandelt werden:

  • Bewusstseinsbildung für Risiken des Straßenverkehrs und Arbeitsunfälle (kommt sogar gleich in zwei Modulen vor)
    Das war den ganzen Zombies in den Führerhäusern der LKWs bisher auch vollkommen unbewusst, dass es im Straßenverkehr und bei der Arbeit zu Unfällen kommen kann…
  • Fähigkeit, der Kriminalität und der Schleusung illegaler Einwanderer vorzubeugen
    Jeder Anhalter ist ein potentieller krimineller oder geschleuster oder krimineller, geschleuster Einwanderer. Man sollte also in guter alter Blockwartmentalität erst mal die Personalien aufnehmen und auch deutschen Ausweisen nicht trauen, die könnten ja gefälscht sein. Halten Sie es also wie die EU, vertrauen Sie niemandem…
  • Fähigkeit, Gesundheitsschäden vorzubeugen
    Von Selbstverstümmelung und Selbstmord wird dringend abgeraten. Rauchen, Alkohol, Sportabstinenz und das Essen von Schnellrestaurants sind böse und ungesund. All das untergräbt ihre Produktivität und mindert ihre Konsumfähigkeit. Seien Sie ein vorbildliches EU-Produkt…
  • Sensibilisierung für die Bedeutung einer guten körperlichen und seelischen Verfassung
    Siehe einfach beim vorherigen Punkt…
  • Fähigkeit zu einem Verhalten, dass zu einem positiven Bild des Unternehmens beiträgt
    Machen Sie stets gute Miene zum bösen Spiel. Sie haben das beim Überstehen dieser Weiterbildung ja schon gut hinbekommen…

Alle anderen Themenbereiche sind von ebensolcher Banalität wie die des ersten Moduls, auch wenn auch ihre Namen in hochtrabende Worte gekleidet sind.

Am Ende bleibt kein Gefühl der Weiterbildung oder des Erkenntnisgewinns, sondern eher das Gefühl nicht ernst genommen zu werden. Wenn solch billige Informationen zur Aufwertung des LKW-/Busfahrers beitragen sollen, von welchem Stand ist man dann in Brüssel ausgegangen? Das auf Europas Straßen vor allem thumbe, desinteressierte Gefahrenquellen unterwegs sind, die mit ihren Maschinen vor allem die Straßen verstopfen, die Luft verschmutzen, das wertvolle Öl verbrennen und pöbelnd und sich aufregend hinter ihrem Lenkrad sitzen?

Die, die hier nicht für voll zu nehmen sind, sind die, die sich in ihren Elfenbeintürmen solche Beglückungsorgien ausdenken. Mit welchem Recht bringt gerade Brüssel den Bürgern seiner Mitgliedstaaten immer wieder so viel Misstrauen entgegen, verlangt aber umgekehrt unbedingte Treue und grenzenloses Vertrauen in die eigene Führungsfähigkeit?

Der gesamte Erkenntnisgewinn dieser insgesamt 35 Stunden lässt sich am Ende wahrscheinlich locker in einem Fünf-Stunden-Kurs zusammenfassen. Aber da ließe sich natürlich nicht therapeutisch auf die Betroffenen einwirken, denn die unterschwellig größte Komponente ist die Erziehung hin zu einem konformen und wohlgefälligem Lebensstil. Da sich so etwas nicht generell durch eine Verordnung oder Richtlinie für alle Menschen durchsetzen lässt, versucht man es in Brüssel mal wieder über ein Feld, für das man zuständig ist, nämlich über den Arbeitsschutz, über den auch schon die Anti-Raucher-Richtlinien durchgeboxt wurden. Man kann sich also wahrscheinlich schon auf die nächsten Qualifizierungskuse aus Brüssel für die restlichen Branchen freuen.

Aber nicht für alle Beteiligten stellt sich die Situation so deprimierend dar. Die Fahrschulen können sich über ein weiteres Instrument freuen, mit dem Sie dem Geburtenrückgang entgegentreten können. So kann man dem demographischen Wandel auch begegnen.