Friedensnobelpreis: Für die Globalisierung

Friedensnobelpreis: Für die Globalisierung

Ja, ich weiß, es ist wohl nicht möglich, einen Preis direkt an einen Prozess zu verleihen, auch wenn er ihn verdient hätte. Dafür hat ihn heute die Europäische Union bekommen, für all das, was nicht sie, sondern vor allem die Globalisierung für den Frieden geleistet hat. Die Globalisierung, dieses Monstrum, hat etwas für den Frieden geleistet? Ja, genau die.

In Europa haben wir uns nicht deshalb nicht mehr abgeschlachtet, weil uns die damals noch gar nicht existierende EU in ein Korsett gezwängt hat. Es waren vielmehr die immer weiter gehenden wirtschaftlichen Verflechtungen, die Kriege nicht mehr profitabel machten – und darum ging es in den allermeisten. Ein Krieg zwischen modernen Staaten würde viel zu stark auf die eigene Volkswirtschaft einwirken als in der Vergangenheit, wobei selbst in der Vergangenheit Kriege erst einmal schlecht für die eigene Volkswirtschaft waren. Die Früchte konnte, wenn überhaupt, nur der Sieger ernten. Und der Prozess, den wir heute als Globalisierung bezeichnen, begann auch nicht erst vor ein paar Jahren, auch wenn er erst seit dem stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt ist. Viele Grundlagen wurden schon zu Zeiten der Industrialisierung gelegt, andere schon viel früher.

Moderne Kommunikation und Transportmittel haben insbesondere die hoch entwickelten Staaten dermaßen miteinander verflochten, dass ein Angriff auf einen Handelspartner immer auch einen mächtigen Schlag in den eigenen Magen bedeuten würde. Im Zeitalter globaler Märkte ist es lohnender, diese zum Absatz von Waren zu nutzen, als sie sich dem eigenen Staatsgebiet durch einen teuren Krieg einzuverleiben. Deshalb werden die meisten größeren Konflikte heute von eher armen Staaten ausgetragen, deren volkswirtschaftliche Fallhöhe weit geringer ist.

In Europa kam nach dem zweiten Weltkrieg auch noch der Kalte Krieg hinzu, der die Länder in zwei Blöcke gepresst hat, die sich zwar waffenstarrend gegenüber standen, von denen aber unter dem Eindruck einer drohenden atomaren Apokalypse niemand den ersten Schritt wagte, weshalb man sich lieber in Stellvertreterkriegen erging, die natürlich in ärmeren Regionen ausgefochten wurden.

In der Laudatio auf die Preisverleihung und in den Dankesreden war auch immer wieder der Fall des eisernen Vorhangs und der Untergang der kommunistischen Diktaturen in Osteuropa ein Thema. Aber auch dazu hat die EU absolut nichts beigetragen, sie war damals auch gar nicht dafür konstruiert. Selbst im eigenen Hinterhof auf dem Balkan hat die selbsternannte Friedensmacht Europa kläglich versagt.

Der Frieden, der hier geehrt wurde, gebührt nicht der EU, sondern wenn überhaupt, als Prozess der Globalisierung, der gesamten Menschheit und ihrem Erfindungsreichtum, der sie immer weiter miteinander verflochten hat. Die EU mag diesen Prozess lokal institutionalisiert haben, aber dabei hat sie nur die Früchte geerntet und als ihre verkauft, die andere schon lange vorher gesät hatten..