Die schweigende Mehrheit hat gesprochen

Die schweigende Mehrheit hat gesprochen

Die Grünen, die gößten Verfechter direkter Demokratie, müssen nun eine weitere Niederlage in einem Volksentscheid hinnehmen, nachdem sich die Wähler in Baden-Württemberg für die Weiterfinanzierung von Stuttgart 21 entschieden haben. Zuvor hatten sie schon bei einer Abstimmung über die künftige Schulpolitik in Hamburg eine Niederlage einstecken müssen. Sehr erfreulich dabei ist, dass die Wahlbeteiligung für einen Volksentscheid mit fast 50% recht hoch lag, und dass auch das Ergebnis so klar ist, dass es keinen Raum für Interpretationen und Verschwörungslegendenbildung bietet. Von letzterem werden sich die radikalsten Gegener, die sich bei den selbst ernannten Parkschützern sammeln, wohl trotzdem nicht abbringen lassen.

Die Grünen, die bei dieser Entscheidung die großen Verlierer sind, weil sie nun etwas durchsetzen müssen, was sie immer bekämpft haben, trösten sich nun damit, große, wahrhaftige Demokraten zu sein. Doch die Ermöglichung des Volksentscheids ist nur die eine Seite der Medaille. Der Weg dorthin ist in seinen Anfängen alles andere als demokratisch.

In guter alter Straßenkampfmanier a la Weimar haben die Grünen und ihre Verbündeten versucht, dass Projekt zu stoppen, nachdem es von demokratisch legitimierten Organen befürwortet wurde. Denn die Verwirklichung von S21 stand schon jahrelang in den Parteiprogrammen von CDU, SPD und FDP, und die wurden ja immerhin gewählt. Es war ja nicht so, dass niemand das Projekt wollte und alle dagegen waren und es von oben aufoktroyiert wurde, auch wenn die Gegner genau diesen Eindruck erwecken wollten. Die, die sich im Straßenkampf als die wahren Demokraten gerierten waren in Wirklichkeit die Antidemokraten, die ohne demokratische Legitimierung Politik machen wollten.

Und die Grünen, die sich nun so gerne als Erfinder der direkten Demokratie in Baden-Württemberg feiern, haben den Volksentscheid vor allem deshalb durchgeführt, weil sie so das größte Problem mit ihrem Koalitionspartner SPD lösen konnten. Der Volksentscheid war für sie eine Verzweiflungstat, mussten sie doch vor allem damit rechnen, dass sie die Vorgaben der Landesverfassung nicht erreichen, obwohl eine Mehrheit dagegen gestimmt hätte. Es ist nun anders gekommen, indem der Volksentscheid klar verloren ging. Aber im Grunde war der Entscheid nur eine Flucht nach vorn, ähnlich der, die Papandreu in Griechenland vor hatte.

Trotzdem hat dieser viel zu spät durchgeführte und mit den falschen Mitteln erkämpfte Volksentscheid wieder einmal gezeigt, dass die Politik keine Angst vor direkter Demokratie haben muss. Sie ist eine gute Ergänzung bei kontroversen Entscheidungen, aber ob sie nun bei jedem Infrastrukturprojekt angewandt werden sollte, gegen das die Grünen etwas haben, bleibt in Frage gestellt. Es besteht auch die kleine Gefahr, dass nun immer mehr Straßenkämpfer meinen, sich einen Volksentscheid erpressen zu können. Aber vielleicht haben die nach zwei Niederlagen auch erst einmal die Nase voll.

Die schweigende Mehrheit, die keine Zeit und Lust für Straßenkampf aufbringen kann, darf sich jedenfalls freuen. Und Protestbewegungen sollten verstehen, dass es nichts bringt, im eigenen Saft zu schmoren und sich die ganze Zeit von Seinesgleichen selbst bestätigen zu lassen.

Nachtrag:
Und da sind sie auch schon, die ersten Verschwörungstheorien:
Stern.de: Abstimmung über Stuttgart 21: Der Filz siegt
Youtube: Boris Palmer nach der Abstimmung zu Stuttgart 21
Aussagen auf parkschuetzer.de – sehr amüsant.


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