Die nächste Quote kommt bestimmt: Arbeiterkinder

Die nächste Quote kommt bestimmt: Arbeiterkinder

Teerdecke Abflämmen

Ein Arbeiter beim Flämmen einer Teerdecke, Foto von Flickr/Claus Rebler, Lizenz CC-BY-SA 2.0

Stolze 83 Prozent der Spitzenpositionen in der Privatwirtschaft stammen laut Michael Hartmann, Soziologe und Elitenforscher an der TU Darmstadt, aus dem Bürger- und Großbürgertum. Von 100 Akademikerkindern würden 71 den Sprung an die Universität schaffen, von 100 „Arbeiterkindern“ nur 24. Von denen, die es also zu akademischen Weihen schaffen, landen also noch weniger in Spitzenpositionen.

„Man müsste in allen Bereichen den Einfluss der Bevölkerung stärken, wie beispielsweise bei der Frauenquote.“

Michael Hartmann auf Telepolis zitiert

Grandios, also noch eine Quote. Dabei sollte man sich vielleicht einmal anschauen, warum so wenig Frauen in bestimmten Bereichen tätig sind, für die eine Quote gefordert wird. Zum einen ist da natürlich immer noch das Problem mit dem Kinderkriegen. Es lässt sich einfach schwer mit einem fordernden Beruf vereinbaren und viele Frauen wollen nun mal nicht darauf verzichten – und die Männer können nun mal (noch) keine Kinder gebären. Viele Frauen wollen ihre Kinder auch nicht gleich nach der Geburt wieder in andere Hände geben, um in den Beruf zurückkehren zu können.

Noch interessanter ist aber die gleichbleibende Verteilung der Geschlechter in den Berufsfeldern. Auch heute noch wählen Frauen vorwiegend klassische Frauenberufe und Männer klassische Männerberufe. Der viel kritisierte norwegische Soziologe und Unterhaltungskünstler Harald Meldal Eia hat es das Gleichstellungs-Paradox genannt. Trotz starker Frauenförderung und Einführung von unzähligen Quoten hat sich an der Verteilung in den Berufen kaum etwas geändert. Für die Quotenbefürworter bedeutet das natürlich nur, dass noch nicht genug getan wurde. Das Frauen vielleicht einfach „von Natur aus” eher zu sozialen als technischen Berufen tendieren kommt für sie nicht in Frage.

Vielleicht ist es bei den „Arbeiterkindern“ ähnlich. Vielleicht interessieren sie sich gar nicht so sehr für Spitzenpositionen. Nicht jeder Mensch hat Lust auf so etwas. Dazu kommt, dass man in Spitzenpositionen kaum noch etwas mit dem ursprünglichen Arbeitsumfeld zu tun hat. Man mag es ja kaum glauben, aber viele Menschen machen ihre Arbeit ja durchaus gerne. Sie wollen gar nicht unbedingt in eine Position aufrücken, die mit ihrer eigentlichen Arbeit nur noch Verwaltungskontakt hat.

Allein der Begriff ist schon so ungenau, dass man sich darunter kaum etwas vorstellen kann. Sind damit nun nur Kinder gemeint, deren Eltern aus bestimmten Berufsgruppen wie Kassierer/innen und Frisör/innnen stammen? Was ist mit dem viel beschworenen deutschen Facharbeiter, der Stütze der deutschen Wirtschaft? Vielleicht sind am Ende deshalb so wenig Arbeiterkinder in Aufsichtsräten, weil es kaum noch klassische Arbeiterkinder gibt.

Die Initiative Arbeiterkind.de definiert Arbeiterkinder natürlich nicht klassisch sondern als Menschen, die die ersten in ihrer Familie sind, die ein Studium aufnehmen. Aber auch die werden immer weniger. In der Generation meiner Großeltern gab es in unserer Familie keine (?) Akademiker, bei meinen Eltern, Onkeln und Tanten waren es schon drei von sieben, darunter nur noch ein/e klassische/r Arbeiter/in. In meiner Generation werden die ohne Studium in der Minderheit sein. Von der gesamten aktuellen Generation ist bisher übrigens nur eine Frau als Landwirtin in einem klassischen Männerberuf tätig.

Zusammen mit dem Wahn, für jeden Unsinn einen Studiengang aufzulegen und einzufordern wird sich das Problem also in einer Generation ganz ohne Quote von selbst erledigt haben.