StalkerVZ, Fratzenbuch und Co.

StalkerVZ, Fratzenbuch und Co.

Nein, trotz des Titels soll dies kein weiterer Anti-Soziale-Netzwerke-Beitrag werden. Er ist eher als Replik an all die gedacht, die mich ständig fragen, ob ich bei einer der VZ-Seiten angemeldet bin, oder in letzter Zeit, ob ich bei Facebook sei. Antworte ich auf diese Fragen mit dem der Wahrheit entsprechenden Nein, dann bekomme ich jedes Mal große Augen zu sehen, deren Besitzer es scheinbar nicht glauben können, dass jemand, der so viel Zeit im Internet verbringt, bei keinem der populären sozialen Netzwerke angemeldet ist. Im Anschluss folgt meist eine kurze, oder auch mal lange, Diskussion über das Für und Wider der Netzwerke. Meine Argumente dazu will ich hier jetzt mal darlegen.

Warum ich nicht dabei bin? Weil mir der Sinn bis heute größtenteils verschlossen geblieben ist und weil ich es nicht brauche. Ich weiß, dass ich mich damit in meiner Altersgruppe (25-30) in einer Minderheit befinde. Von den jüngeren ganz zu schweigen, und auch die meisten älteren sind ja mittlerweile in einem sozialen Netzwerk aktiv. Und nein, dass ist noch kein Vorläufer von Altersstarrsinn.

Kommunikation

Hauptargument der Befürworter ist die einfache Kommunikation mit Bekannten, die fast überall übertrieben als Freunde bezeichnet werden. Dabei ist Kommunikation eine der Grundideen hinter dem Internet und schon lange vor den sozialen Netzwerken unkompliziert möglich gewesen. Dank Sofortnachrichtenprogrammen wie ICQ, MSN, Jabber und wie sie alle heißen, und auch Internet-Dinosaurier wie IRC und Newsgroups sollten nicht unerwähnt bleiben, von „klassischen“ E-Mails ganz zu schweigen.

Der größte Witz ist, sich gegenseitig Dinge auf die Pinnwand oder Sonstwas zu schreiben, worüber man dann durch eine E-Mail informiert wird. Klar, eine E-Mail bietet natürlich nicht den Vorteil, dass die ganzen Freunde mitlesen können, was man sich so schreibt.

Ich persönlich empfinde es eher als lästig, noch einen weiteren Kommunikationsweg beachten zu müssen, der mir auch technisch keinen Vorteil gegenüber E-Mails oder Sofortnachrichtenprogrammen bietet. Wer unbedingt öffentlich Banalitäten austauschen will, der kann dies auch in Micro-Blogs wie Twitter und Identi.ca machen.

Medientausch

Eine gern genutzte Funktion der Netzwerke ist das Veröffentlichen von Bildern. Die kann man aber auch genauso, wenn nicht sogar noch einfacher, bei spezialisierten Anbietern veröffentlichen. Auch dort kann man nur bestimmten Nutzern den Zugriff darauf gewähren, auch solchen, die dort gar nicht angemeldet sind.

Als nervig empfinde ich auch die Möglichkeit der Verknüpfung von Personen mit Bildern. Die kann man zwar ablehnen und somit steuern, aber auch das kostet Zeit. Genauso wie Kommentarfunktionen, die ja nicht immer zum Vorteil genutzt werden.

Spiele

Keine Ahnung, wie viele Browser-Spiele es mittlerweile gibt. Dafür braucht man eigentlich auch kein soziales Netzwerk.

Alles unter einem Dach

Das erscheint sicherlich erst mal als Vorteil. Man muss sich nicht bei unzähligen Diensten anmelden, ermöglicht so aber auch das Einsehen eines detaillierten Profils des eigenen (zur Schau gestellten) Daseins. Das lässt sich zwar auch bei der Nutzung verschiedener Dienste erstellen, die Hürde dafür ist aber um einiges größer. Die Anmeldung lässt sich auch mit Techniken wie OpenID vereinfachen.

Freunde treffen und neue finden

Freunde ist da eh schon ein übertriebener Ausdruck. Und ob da wirklich viele neue gefunden werden bezweifle ich stark. 99,99 Prozent kennen sich eh schon aus dem „echten“ Leben. Sie vernetzen sich nur neu auf einer weiteren Ebene. Bei ICQ und Konsorten hat man eh schon alle dabei.

Der tiefere Sinn

Zeitvertreib und Spaß haben. Und das ist ja erst mal nichts Schlechtes und absolut legitim. Da muss jeder selber wissen, wie man sich die Freizeit gestaltet. Aber das ist die Crux. Erst waren alle bei MySpace, dann bei den VZ-Netzwerken und schließlich zog die Karawane weiter zu Facebook – am Ziel wird sie nie sein. Sie wird weiter ziehen und dabei meiner Meinung nach ziemlich viel Zeit verschwenden. Am Ende unterhält man sich über ICQ über etwas, was bei Facebook geschrieben wurde, worüber man per E-Mail benachrichtigt wurde. Komplizierter geht es meiner Meinung nach nicht.

Klar, man kann recht einfach einsehen, was Bekannte so treiben, ohne sich die Hände durch ein nettes Gespräch dreckig machen zu müssen.

Persönliches

Ja, ich bin bei Last.fm, da bin ich aber über Audioscrobbler gelandet. Die Funktionen des sozialen Netzwerks nutze ich marginal und darüber hinaus bieten Seiten wie Last.fm einen echten Mehrwert: neue Musik entdecken.
Twitter würde ich nicht wirklich als soziales Netzwerk bezeichnen, zumindest nicht bei meinem Nutzungsverhalten. Es ist praktisch für Texte, für die mir ein vollwertiger Blog-Eintrag überzogen erscheint.
Bilder und Texte veröffentliche ich lieber auf meiner eigenen Seite – und ansonsten gibt es einen Haufen Blog- und Bilderlageranbieter.

Fazit

Ganz ehrlich, Spaß und Zeitvertreib seien euch gegönnt, aber heult mir nicht die Ohren voll, wenn euer Partner seinen Beziehungsstatus nicht auf „vergeben“ stellen will. Und versucht nicht, mich mit dem Argument „Das ist doch toll“ davon zu überzeugen, mich beim Fratzenbuch oder beim StalkerVZ anzumelden.

Ich bin weder Kulturpessimist noch Fortschritts- und Technikfeind, aber gerade das Hinterfragen macht das Leben spannend und Herdentrieb war mir immer suspekt. Mir ist meine Zeit einfach zu Schade, um sie mit Banalitäten zu verplempern, die sich auf dem Altar des Egotheismus stapeln..


3 Kommentare zu „StalkerVZ, Fratzenbuch und Co. Kommentare-Feed

Sehr guter Artikel. Dem kann ich nur beipflichten.
Ich finde es schrecklich, dass nahezu alles mit Facebook & Co. verknüpft ist. Sogar in Computerspielen greift das um sich.
Gruß Daniel

Buschmann Autor

Ja, dass ist etwas, was auch mich nervt, dann man an manchen Dingen schon nicht mehr richtig teilnehmen kann, wenn man nicht dort angemeldet ist. Dann lieber darauf verzichten.

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